In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie mit einem digitalen Zettelkasten arbeiten können. Dazu zeige ich Ihnen, wie ich mit dem Programm Zkn3 arbeite.
Im letzten Teil dieser Artikelreihe habe ich Ihnen gezeigt, wie Sie das Programm Zkn3 benutzen können. Mit diesem Programm können Sie schnell eigene Texte in Ihrem Zettelkasten züchten. Ein Zettelkasten ist nämlich viel mehr als nur eine Literaturverwaltung.
Doch bevor Sie damit loslegen können, möchten Sie bestimmt ein paar Praxisbeispiele sehen. Der Zettelkasten funktioniert nämlich nur, wenn Sie genug Material darin sammeln. Doch wie kommt dieses Material in den Zettelkasten? Das zeige ich Ihnen in diesem Artikel –mit Beispielen aus meiner eigenen „Zettelkastenpraxis“.
Davor noch ein paar wichtige Worte: Es gibt kein „Zettelkastengesetz“. Die Arbeit mit dem Zettelkasten kann sehr individuell sein, weil jeder Mensch seine eigene Arbeitsweise hat. Das, was ich Ihnen in diesem Artikel zeige, ist die Arbeitsweise, die ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt habe. Für mich funktioniert sie, für Sie vielleicht auch, vielleicht aber auch nicht. Welche Arbeitsweise für Sie passt, können Sie selbst herausfinden, indem Sie mit verschiedenen Arbeitsweisen experimentieren. Deshalb zeige ich Ihnen zur Anregung meine eigene.
Doch davor sollten wir uns noch einmal daran erinnern, warum ein Zettelkasten nützlich ist.
Schreibend lesen mit Lesenotizen und Zettelkasten
Der Zettelkasten ist ein Ort, an dem Sie Lesenotizen sammeln – Notizen zu Texten, die Sie für Ihr Schreibprojekt lesen. Das ist praktisch, denn diese Notizen müssen natürlich erst geschrieben werden. Sie müssen also ständig schreiben, um Ihren Zettelkasten zu füllen. Das verschafft Ihnen einen Vorteil bei Ihrem Schreibprojekt: Sie müssen gar nicht erst mühsam mit dem Schreiben anfangen. Sie schreiben bereits ständig an Ihrem Projekt, nämlich in Form von Lesenotizen, die Sie später zu einem fertigen Text ausarbeiten. Doch wie und wo entstehen diese Lesenotizen? Ein möglicher Ort: Ihr Lesetagebuch.
Das Lesetagebuch als geistige Aufarbeitungsanlage
Natürlich können Sie Ihre Lesenotizen direkt in das Zettelkastenprogramm schreiben. Aber aus verschiedenen Gründen rate ich Ihnen davon ab, zumindest am Anfang Ihrer Zettelkastenpraxis.
So ein Lesetagebuch ist auch praktisch, weil es wie eine Art geistige Aufarbeitungsanlage funktioniert. Hier kann ich meine Gedanken zu Texten an einem neutralen Ort festhalten, und zwar dann, wenn sie kommen. Und weil ich das handschriftlich mache und nicht mit Computer oder Smartphone, wo ständig etwas Ablenkendes geschehen kann, kann ich mich ganz auf das konzentrieren, was ich gerade mache, nämlich eine Lesenotiz schreiben. Dann übertrage ich die Lesenotiz im nächsten Schritt in Zkn3.
Wie mache ich das alles? Das zeige ich Ihnen jetzt.
Mein Zettelkasten-Workflow
Mein „Zettelkasten-Workflow“ sieht folgendermaßen aus:
- Lesen
- Lesenotiz schreiben
- Lesenotiz verzetteln
- Lesesnotiz verbinden
Und das schauen wir uns jetzt genauer an, genauer gesagt die ersten drei Punkte: „Lesen“, „Lesenotiz schreiben“, „Lesenotiz verzetteln“. Der Punkt „Lesenotizen verbinden“ kommt im nächsten Artikel.
Schritt 1: Lesen
Klare Sache: keine Lesenotiz ohne Text. Ich lese immer mehrere Texte parallel, momentan unter anderem das Buch Verständlichkeitsforschung transdisziplinär von Benedikt Lutz.12015 Die Beispiele in diesem und im nächsten Artikel werden sich meistens auf dieses Buch beziehen.
Also. Ich lese. Dabei unterstreiche ich das, was ich später einmal verzetteln will. An den Rand mache ich dann auch immer ein „Z“, das bedeutet: „Zettel“. Außerdem mache ich manchmal noch weitere Buchstabenkürzel an den Rand, zum Beispiel „Q“, das bedeutet: „Quelle“ – ein Text, den ich mir gerne im Original anschauen möchte. Manchmal mache ich auch ein „Ü“; das bedeutet: „Übersicht“. Wenn ich dieses Kürzel an den Rand schreibe, dann möchte ich später mehrere Zettel zu diesem Aspekt erstellen, die ich auf einem Überblickzettel miteinander verbinde. Was das ist und wie das aussieht, zeige ich Ihnen noch.
Ich kritzele aber nicht nur im Text herum, sondern auch außerhalb. Nämlich am Ende des Buches. Da mache ich eine Übersicht dessen, was in meinen Zettelkasten soll. In dieser Liste steht die Seitenzahl sowie das erste Wort der Textpassage, die ich im Zettelkasten haben will. Sobald die Lesenotiz fertig ist, setze ich an dieser Stelle einen Haken, und es geht weiter.
Ausgeliehene Bücher
Bei ausgeliehenen Büchern funktioniert das so natürlich nicht, es sei denn, Sie radieren gerne. Ich radiere nicht gerne, deshalb mache ich bei ausgeliehenen Büchern weder Bleistiftkritzeleien noch Listen am Ende. Da klebe ich mir mit Klebestreifen einen oder mehrere Zettel hinten ins Buch und mache dort meine Liste.
Andere Texte
Natürlich gibt es auch etwas anderes als Bücher. Zum Beispiel Artikel aus Fachzeitschriften, Studien beispielsweise. In solchen Texten kritzele ich auch herum. Und wenn ich dort eine Quelle finde, die ich gerne selbst lesen möchte, markiere ich den Literaturbeleg mit einem Textmarker.
Ich mag Print. Bei meiner Arbeit lese ich schon genug am Bildschirm, da finde ich es angenehm, auch mal auf echtem Papier zu lesen. Aber vielleicht lesen Sie ja gerne am Bildschirm. Dann können Sie sich natürlich Ihren eigenen Workflow bauen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie dann mit den Markier- und Kommentarfunktionen im PDF-Leseprogramm ähnlich gut arbeiten können.
Nach dem Lesen ist vor dem Schreiben, dem Schreiben der Lesenotiz. Wie mache ich das?
Schritt 2: Lesenotiz schreiben
Ich mache meistens handschriftliche Lesenotizen. Bei manchen Texten schreibe ich meine Zettel aber auch direkt in Zkn3 – zum Beispiel dann, wenn es schnell gehen muss. Bei manchen Texten klappt das gut und es ist eine tolle Übung für das spontane Schreiben. Aber grundsätzlich ziehe ich handschriftliche Notizen vor. Ich mache meine Notizen in Notizbücher, weil ich lose Blätter vermeiden möchte.
Tipp: Feste „Lesenotiz-Zeiten“
Suchen Sie sich, wenn möglich, eine bestimmte Zeit am Tag oder in der Woche, in der Sie nur Lesenotizen schreiben und nichts anderes machen. Das kann eine halbe bis ganze Stunde am Tag sein oder auch ein ganzer bis halber Arbeitstag, je nachdem, wann Sie Zeit haben und wie umfangreich Ihr Schreibprojekt ist. Wenn Sie sich auch nur eine halbe Stunde am Tag Zeit nehmen, um Lesenotizen zu schreiben, können Sie in einer Woche viel Material für Ihr Schreibprojekt im Zettelkasten sammeln. Und nach zwei Wochen noch mehr.
Ich selbst schreibe meistens in der Zeit zwischen 15 und 16 Uhr Lesenotizen. Manchmal nutze ich dafür die ganze Stunde, manchmal aber auch nur eine halbe. Im Rest der Stunde schreibe ich dann Zettel, lese etwas oder beschäftige mich sonst wie mit meinem Zettelkasten, indem ich passende Zettel miteinander verbinde.
Wenn die Lesenotiz fertig ist, geht es weiter in den Zettelkasten; ich verzettele die Lesenotiz.
Schritt 3: Lesenotiz verzetteln
Jetzt wird die Lesenotiz digital. Das, was ich in mein Notizbuch geschrieben habe, kommt in das Programm Zkn3. Wie ich das mache, ist unterschiedlich. Manchmal schreibe ich einfach die Lesenotiz so ab, wie ich sie ins Notizbuch geschrieben habe (falls ich meine eigene Handschrift entziffern kann). Manchmal fallen mir beim Verzetteln andere Formulierungen ein, dann weiche ich von der Lesenotiz ab. Und manchmal schreibe ich sogar vorher gar keine Lesenotizen und schreibe alles direkt in Zkn3.
Wie Sie neue Zettel anlegen können, habe ich im zweiten Teil der Artikelreihe beschrieben. Ich gebe Ihnen trotzdem im nächsten Absatz ein paar Tipps, wie Sie sinnvolle Zettel schreiben können. Zettel müssen nämlich nicht sprachlich perfekt oder gar fehlerfrei sein; Zettel müssen sinnvoll sein – und zwar für Sie.
Wie verzetteln?
Damit Sie den Zettel später in Ihrem Schreibprojekt verwenden können, ist es wichtig, dass Sie ihn auch später noch verstehen. Manche Schreibprojekte dauern nämlich lange, einige sogar mehrere Jahre. Deshalb ein ganz wichtiger Tipp:
Formulieren Sie Ihre Zettel in vollständigen Sätzen – so einfach wie möglich
Wenn Sie auf Ihren Zettel nur ein paar Stichpunkte schreiben, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass Sie in ein paar Monaten noch etwas damit anfangen können. Besser ist also, Sie schreiben in vollständigen Sätzen. Wenn Sie vollständige Sätze schreiben, dann versuchen Sie, so einfach wie möglich zu schreiben. Warum? Weil die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sie das auch verstanden haben, worüber Sie schreiben, höher ist, wenn Sie einfach schreiben, als wenn Sie kompliziert schreiben. Und Sie sollten nur über etwas schreiben, was Sie auch verstanden haben. Vor allem, wenn Sie möchten, dass Ihre Leser Ihren Text verstehen.
Wie viel sollten Sie auf einen Zettel schreiben? Am besten so wenig wie möglich.
Ein inhaltlicher Aspekt pro Zettel
Beim Inhalt von Zetteln gilt: je spezifischer, desto besser. Das heißt: Es ist besser, pro Zettel nur einen inhaltlichen Aspekt zu verarbeiten, als ein ganzes Buch in mehreren tausend Worten auf einem Zettel nachzuerzählen. Sie könnten natürlich auch die wesentlichen Punkte eines Buches auf einem Zettel übersichtlich zusammenfassen, aber dann sollten Sie trotzdem zu jedem dieser wesentlichen Punkte mindestens einen Zettel anlegen.
Wenn Sie sich an dieses „Ein-Gedanke-pro-Zettel-Prinzip“ halten, kann es sein, dass sie irgendwann ziemlich viele Zettel mit wenigen Wörtern haben. Das ist gut. Damit können Sie mehr anfangen, als mit wenigen Zetteln mit vielen Wörtern.
Übrigens: Das bedeutet natürlich nicht, dass auf jedem Zettel immer ganz wenig stehen muss. Manchmal braucht ein inhaltlicher Aspekt eben mehr Worte. Deshalb gilt: Schreiben Sie auf einen Zettel so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.
Wie geht es weiter nach dem Verzetteln?
Jetzt ist der Zettel im Kasten. Das heißt aber nicht, dass die „Zettelkastenarbeit“ nun vorbei ist. Jetzt geht es erst richtig los, nämlich mit dem Verbinden von Zetteln. Dieser Schritt ist so wichtig, dass er einen eigenen Artikel erhält – und zwar bald.
Bildnachweis
Pixabay (PublicCo)
Anmerkungen
↑1 | 2015 |
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