Das Komma macht oft Probleme, vor allem zusammen mit dem Wort „und“. Das muss nicht sein! In diesem Artikel erfahren Sie ein paar einfache Regeln, mit denen Sie einige Ihrer Kommafehler zukünftig vermeiden können. Heute: das fakultative „Kann-Komma“.
Im letzten Artikel zur Zeichensetzung haben Sie nicht nur etwas über den Deutschunterricht in der Pfalz erfahren, sondern auch über eines DER Zeichensetzungsprobleme schlechthin:
Wann muss ein „und“ vor das Komma?
Ich habe geschrieben:
Nicht immer, aber öfter, als Sie denken!
Die Faustregel lautete:
Sie setzen bei Beschreibungen und Erläuterungen eines Satzteils ein Komma vor das „und“.
Doch es gibt aber auch Fälle, in denen es Ihnen freigestellt ist, ob Sie ein Komma vor das „und“ setzen oder nicht. Sie dürfen es, müssen es aber nicht.
In der Pfalz habe ich das damals als „Kann-Komma“ kennengelernt, ein schreckliches Wort. Der Fachausdruck ist „fakultatives Komma“. Ob Sie dieses Wort schöner finden, dürfen Sie selbst entscheiden. Ich werde beide benutzen.
Wann setzen Sie ein solches „Kann-Komma“? Und warum ist das eine gute Idee? Das erfahren Sie in diesem Artikel.
Das fakultative Komma („Kann-Komma“)
In den folgenden Fällen dürfen Sie ein Komma vor das „und“ setzen:1nach Dudenredaktion, 2014, S. 161f.
- beigeordnete Hauptsätze
- beigeordnetes Satzgefüge beginnt mit Nebensatz oder Infinitivgruppe
Was das heißt, erfahren Sie in den nächsten Schritten.
Beigeordnete Hauptsätze
Zunächst fragen Sie sich bestimmt:
Was zur Hölle ist ein beigeordneter Hauptsatz?
Ein beigeordneter Hauptsatz ist ein vollständiger Satz, der nach einem anderen folgt. Das wird auch als Hauptsatzreihe oder Parataxe bezeichnet. Beide Sätze werden mit einem Komma verbunden, das ist nämlich auch möglich, es muss nicht immer ein Punkt zwischen zwei oder mehreren Hauptsätzen stehen, ein Komma tut es auch. Ein Beispiel:
Peter wollte etwas essen, im Kühlschrank stand noch der gemischte Salat von gestern.
Das geht auch dann, wenn beide Sätze nicht mit einem Komma, sondern mit einem „und“ verbunden werden:
Peter wollte etwas essen und im Kühlschrank stand noch der gemischte Salat von gestern.
Und da lauert schon ein erstes mögliches Missverständnis:
Das ist keine Aufzählung!
Sie erinnern sich: Das „und“ verbindet Wörter, die zusammengehören. Ein Beispiel sind Aufzählungen. In diesem Fall verbindet das „und“ aber nicht Wörter, die zusammengehören, sondern zwei Sätze, die auch unabhängig voneinander stehen können:
Peter wollte etwas essen.
Im Kühlschrank stand noch der gemischte Salat von gestern.
Jeder dieser beiden Sätze kann für sich stehen. Das sieht anders aus, wenn das „und“ zwei Verben verbindet:
Peter wollte etwas essen und erinnerte sich an den gemischten Salat von gestern.
Hier verbindet das „und“ zwei Verben, die sich alle auf Peter beziehen: „Peter wollte […] essen und erinnerte sich“. Beides sind Dinge, die Peter in diesem Moment macht beziehungsweise will. Beides gehört zusammen.
Zurück zum beigeordneten Hauptsatz.
Sie erinnern sich: Sie müssen dieses Komma nicht vor das „und“ setzen. Die Gesetzgeber der Rechtschreibung halten uns gnädigerweise für intelligent genug, zu verstehen, dass das „und“ zwei beigeordnete Hauptsätze verbindet. Und in dem Beispiel ist das Komma vor dem „und“ auch nicht notwendig, um den Text zu verstehen. Beide Hauptsätze sind nämlich sehr kurz.
Doch anders sieht es aus, wenn der Satz missverstanden könnte.
Kommafrei auf den Holzweg
Das „und“ kann schnell versehentlich für eine Aufzählung gehalten werden. Das kann einen beim ersten Lesen eines Satzes schnell auf den Holzweg führen:
Peter kochte gestern für Uwe und Johanna spielte mit dem Hund.
Noch nicht auf dem Holzweg? Vielleicht ja jetzt:
Peter kochte gestern für Uwe und Johanna, die schon ganz gespannt war, spielte mit dem Hund.
Vielleicht haben Sie sich beim Lesen dieses Satzes „verlaufen“. Wenn ja, warum?
Am Anfang scheint der Satz noch eine Aufzählung zu sein:
Peter kochte gestern […] für Uwe und Johanna.
Klare Sache. Und auch bis zum Nebensatz, der Johanna näher beschreibt, könnte man den Satz noch für eine Aufzählung der Personen halten, für die Peter kocht:
Peter kochte gestern für Uwe und Johanna, die schon ganz gespannt war.
Doch dann passiert es. Sie stellen auf einmal fest, dass es sich bei dem Satz gar nicht um eine Aufzählung, sondern um eine Hauptsatzreihe handelt. Und zwar dann, wenn der zweite Hauptsatz von der Neben- zur Hauptsatzebene wechselt:
[…] Johanna, die schon ganz gespannt war, spielte mit dem Hund.
Ein Satz in dem man sich verlaufen kann wird auch „Holwegsatz“ genannt, und zwar, weil er „in die Irre“ führt. Das kann viele Gründe haben: eine unübliche Wortstellung oder aber ein Komma, das nicht gesetzt wurde, obwohl es „erlaubt“ war. Wie in unserem Beispiel.
Das ist interessant, und Sie können viele lustige Dinge damit anstellen. Vor allem dann, wenn Sie Ihre Leser absichtlich in die Irre führen möchten. In einem Roman kann das ein interessantes Stilmittel sein, aber auch in einem Gedicht. Sie sollten Holzwegsätze nur dann vermeiden, wenn Sie einen Text schreiben wollen, der eindeutig und präzise sein soll.
Mit Holzwegsätzen werde ich mich in einem späteren Artikel intensiver beschäftigen.
Für jetzt gilt aber erst mal:
Wenn das „und“ zwei Hauptsätze in einer Hauptsatzreihe verbindet, dann sollten Sie in vielen Fällen ein Komma vor das „und“ setzen.
Ich schreibe bewusst „in vielen Fällen“, denn nicht immer ist das auch notwendig. Zum Beispiel bei ganz einfachen Hauptsätzen:
Peter kochte und Johanna spielte mit dem Hund.
Dieser Satz ist leicht als Hauptsatzreihe zu erkennen und Sie können das Komma vor dem „und“ weglassen.
Anders sieht es aus, wenn der Satz etwas komplexer ist oder gar mehrere „unds“ im Spiel sind:
Peter kochte gestern für Uwe und Johanna und die Milch kochte über und auch das Nudelwasser und die geschmolzene Butter hatten sich schon längst zischend über die Herdplatte ergossen.
Das ist nicht nur ein Kochunglück, das ist auch ein Satzunglück. Mit den entsprechenden „Kann-Kommas“ ist zumindest das Satzunglück ein kleines bisschen behoben:
Peter kochte gestern für Uwe und Johanna, und die Milch kochte über, und auch das Nudelwasser und die geschmolzene Butter hatten sich schon längst zischend über die Herdplatte ergossen.
Wenn Sie wollen, dass Ihre Leser Ihren Text verstehen ohne sich dabei zu verlaufen, dann sollten Sie nicht an Kommas sparen!
Das gleiche gilt auch für den zweiten Fall, in denen Sie ein Komma vor das „und“ setzen dürfen.
Beigeordnetes Satzgefüge beginnt mit Nebensatz oder Infinitvgruppe
Dieser Fall ist dem ersten sehr ähnlich. Nur dass es hier nicht um Hauptsatzreihen geht, sondern um ein Satzgefüge: einen einzelnen Satz mit mehreren Ebenen.
Infinitivgruppe
Dazu ein Beispiel:
Peter kochte für Uwe, und um Johanna von seinen Kochkünsten zu begeistern, hatte er auch sie eingeladen.
Das ist ein einzelner Satz. Auffällig ist die die sogenannte „Infinitivgruppe“, sprich: ein „zu“ und die Grundform eines Verbes, die mit einer sogenannten „Konjunktion“ eingeleitet wird, einem Bindewort. Das ist in diesem Fall das „um“.
[…] um Johanna von seinen Kochkünsten zu begeistern, […]
In dieser Infinitivgruppe wird etwas näher beschrieben, nämlich der Grund, warum Peter auch Johanna eingeladen hat.
Diese Infinitivgruppe ist an das „und“ angeschlossen. In diesem Fall darf ein Komma vor das „und“ gesetzt werden, um die Gliederung des Satzes zu verdeutlichen.
Das gilt auch, wenn ein Nebensatz an das „und“ angeschlossen wird.
Nebensatz
Dazu ein Beispiel:
Peter kochte, und als Johanna endlich klingelte, freute er sich sehr.
Hier haben wir auch wieder zwei Hauptsätze. Der Unterschied zu oben ist, dass der zweite Hauptsatz („Er freute sich sehr“) mit einem vorangestellten Nebensatz beginnt („als Johanna endlich klingelte“).
Auch hier kann ein Komma Ihre Leser davor bewahren, sich in Ihren Gedanken zu verirren.
Also gilt auch hier:
Wenn das „und“ vor einem Nebensatz oder einer Infinitivgruppe steht, dann sollten Sie in vielen Fällen ein Komma vor das „und“ setzen.
Ein monströser Satz
Schauen Sie sich diesen Satz an:
Peter kochte für Uwe und Johanna und weil Peter sehr in Johanna verliebt war und sie von seinen Kochkünsten begeistern wollte, gab er sich dabei viel Mühe und weil er wusste, dass Johanna gerne Lachs, Kartoffeln und Spargel aß und um das Essen abzuschließen auch zu Pudding grundsätzlich nicht „Nein“ sagte, hatte er die ganze Nacht lang am Computer gesessen und nach Rezepten gesucht.
Dieser Satz ist nicht nur viel zu lang, sondern auch unübersichtlich. Viel übersichtlicher wird er, wenn an den richtigen Stellen die „Kann-Kommas“ gesetzt werden:
Peter kochte für Uwe und Johanna, und weil Peter sehr in Johanna verliebt war und sie von seinen Kochkünsten begeistern wollte, gab er sich dabei viel Mühe, und weil er wusste, dass Johanna gerne Lachs, Kartoffeln und Spargel aß, und um das Essen abzuschließen, auch zu Pudding grundsätzlich nicht „Nein“ sagte, hatte er die ganze Nacht lang am Computer gesessen und nach Rezepten gesucht.
Jetzt ist der Satz nur noch viel zu lang, dafür aber etwas übersichtlicher. Und man kann ihn sogar vorlesen, ohne sich zu verhaspeln. Nur kürzen sollte man ihn.
Zusammenfassung
Ich fasse die beiden Regeln noch einmal zusammen:
Sie können ein Komma vor das „und“ setzen:
- bei beigeordnete Hauptsätze:
- „Peter war in Johanna verliebt, und er kochte gerne für sie“.
- wenn ein beigeordnetes Satzgefüge mit einem Nebensatz oder einer Infinitvgruppe beginnt:
- „Peter war in Johanna verliebt, und um sie von seinen Kochkünsten zu begeistern, gab er sich ganz viel Mühe“.
Wenn Sie an den richtigen Stellen „Kann-Kommas“ setzen, dann können Ihre Leser davor bewahren, auf den Holzweg zu geraten. In diesem Sinne:
Kommas sind klasse!
Literatur
Dudenredaktion (2014). Handbuch Zeichensetzung. Der praktische Ratgeber zu Komma, Punkt und allen anderen Satzzeichen. 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Berlin: Dudenverlag.
Anmerkungen
↑1 | nach Dudenredaktion, 2014, S. 161f. |
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